20.03.2025

Auf den Tag genau, heute vor 10 Jahren erschien das zentrale Zam Helga Werk "Monster" nach fast 15 Jahren Entstehungszeit.


Es hat eine selten erreichte Schwere und Tiefe zugleich und im Nachhinein wirkt es fantastisch und erstaunlich zugleich, dass es überhaupt ein Label gab, dass sich seiner angenommen hat. Aber schließlich waren es GIM Records, die dieses dunkle Juwel erkannten und es mit mir an diesem denkwürdigen Tag zur Welt brachten. Eine nicht vorhergesehene Katastrophe war im Anzug.  Das Jahr begann mit einer heftigen Grippewelle, die viele um uns herum schwächten ... ich war der erste, der in die Knie ging und der Release-Tag war mein Entlassungstag aus dem Schorndorfer Krankenhaus nach einem zwei-wöchigem Höllentrip durch Schmerz, Angst und mich umgebendem Elend. Etwa um diese Tageszeit begleitete mich Ursel Quast, die auch die Rezension des Albums geschrieben hatte, auf das Parkhausdeck des Krankenhauses und wir beide starrten in das monströse Auge am Himmel, das die partielle Sonnenfinsternis kreiert hatte. "Was für ein Zeichen zur Geburt dieses Albums", sagte sie. Der Anblick hatte etwas Entsetzliches und ich erwiderte: "Hoffentlich kein schlechtes Zeichen". Dann war es Zeit, meine Sachen zusammenzupacken und mich von Tine, meiner Frau, in unser Zuhause bringen zu lassen. Am Abend waren wir mit unserer Tochter Ella Estrella Tischa erschöpft aber glücklich vereint. "Nun wird alles gut" sagte ich ... und ich meinte es ernst, denn die Wochen davor hatten meinen Blickwinkel auf das Leben bereits geändert. 


Was danach geschah ist Geschichte und ich möchte es nicht wieder benennen. Vielleicht ist es diese runde Zahl, die mich in diesem Jahr wieder stärker spüren lässt, wie fragil das Leben ist und wie kostbar die Zeit des Lernens hier in dieser Welt sein kann. Ich bin in den letzten Jahren kein "Heiliger" geworden, der plötzlich all seiner Sünden geläutert, keinen erkennbaren Fehler mehr macht ... nein - im Gegenteil. Etwas starb und wandelt seit dem in der Welt hinter dieser Welt.... und etwas mußte ein neues Leben beginnen. Neue erste Schritte - manche gesegnet, manche fehlgeführt. Ein System, dass urplötzlich keine Abgrenzung mehr hat, muß neu lernen, was es zulassen möchte und was es besser auf Abstand hält. Dadurch lädt es zum einen die schönsten Wunder in sein Haus ein und zum anderen liegt dort viel Gefahrgut, das bei Funkenflug schnell zum Desaster führt. 


Wozu dieses "Überleben"? Das ist eine zentrale Frage, die ich mir fast jeden tag stellen darf. Etwas hatte mich vor 10 Jahren schon weit aus dem Leben heraus mitgenommen ... das Hierbleiben war ein langwieriger und schwerer Entscheidungsweg, der bis heute anhält. Meine Seele hätte sich viel Leid erspart und sie hätte sich vielleicht einer Welt entzogen, die sich inzwischen so verändert hat, wie es sich ihr in vielen Alpträumen und Visionen ein Leben lang hindurch gezeigt hat. Und wir sind wohl erst auf dem Weg zu den wirklich traumatischen Veränderungen, die noch kommen könnten. Ich habe keine Antwort parat - aber ich spüre, wie viele von euch auch, dass etwas in Bewegung kommt. Es sieht von außen betrachtet nicht nur schön aus - weitgehend eher erschreckend und hoffnungsraubend. Und wenn ich es zulasse und mir es nicht schön rede, dann bemerke ich, wie an all den Trauma-Blasen und Türen gerüttelt wird, hinter denen so viele verdrängte Erinnerungen und Abspaltungen weggesperrt sind. Und immer wieder bricht ein Türschloss und heraus kommen sie, die vor Angst zitternden Kinder, die vor Wut brüllenden Kinder, die stumm gewordenen Kinder, weil man ihre Träume als Spinnerei oder Krankheit eingeordnet hat. Wenn man sich ihrer nicht annimmt, dann rennen sie in die Welt hinaus und verschaffen sich dort Gehör. Sie schreien andere an, stoßen Mitmenschen zurück und schlagen um sich. Hier sind wir und hier ist das, was wir so lange zurückgehalten haben. 


Ich habe überlebt, um auch zu lernen, dass der wahre Krieg in mir tobt. Und zu lernen, dass er auch in anderen tobt. In ihr, in ihm und auch in dir. Hier wartet unendlich viel Arbeit für uns, die, die vielleicht "überleben" wollen. Es ist so leicht, einen Mitmenschen zu kritisieren und so viel schwerer, den eigentlich gemeinten Anteil in sich selbst zu finden und ihn dann zum Gespräch zu bitten, um genau dort Frieden zu schaffen, wo er seinen Anfang hat - in mir, in dir, in uns allen. 


Und nun bräuchte es im Grunde schier übermenschliche "Erzieher" und "Therapeuten", um die vielen um-sich-schlagenden und schreienden Kinder in den Machtpositionen der Zivilisation zurück in den Stuhlkreis zu bitten und sie einzuladen, wieder mit zu spielen. Aber die gibt es nicht. Die "Götter" haben wir getötet und Wesen einer anderen Zivilisation sind im Moment noch Spekulation. Dorthin mögen wir also handlungsunfähig sein. Aber wir haben diese eine große Chance und Freiheit. Frieden schaffen in uns selbst. 


Natürlich hat mich das Leben zu einem überzeugten Pazifisten geformt. Wie sollte ich auch anders sein. Aber ich habe nicht das Recht, anderen zu sagen, was sie für richtig halten. Letztendlich würde auch ich ein mich anfallendes Tier mit einem Stock abwehren, wenn ich in der Gefahrenlage wäre. Und deshalb sollen meine Gedanken auch nicht als Urteil aufgenommen werden. 


Ich möchte nur auf diesen möglichen Weg hinweisen. Und auf seine befreienden Geschenke, die er schenken kann. 


Ich möchte in mir eine friedvolle Welt erschaffen, aus der heraus ich an der Außenwelt teilhaben darf.


Das ist mein Wunsch für die mir noch verbleibende Zeit in dieser, unseren Welt.


🙏